Leuchtender Asphalt

Luminophor geht vor

Mehr Sicherheit für "sanfte Mobilität" – ein lumineszierendes Versuchsprojekt in Polen.

Damit das rund 100 Meter lange und zwei Meter breite Testwegstück in der Region Lidzbark Warmiñski leuchtet, braucht es einzig Tageslicht und die Eigenschaften eines besonderen Stoffes. Keine andere Energiequelle ist notwendig. Und genau das stellt das eigentliche Novum des Projekts im Vergleich zu anderen dar.

In die Oberfläche des Asphalts
ist eine chemische Verbindung eingearbeitet, die Luminophoren enthält. Dabei handelt es sich um einen Stoff, der elektromagnetische Strahlung aus sichtbarem, ultraviolettem oder infrarotem Licht absorbiert, um diese Energie ebenfalls in Form von Licht in der Dunkelheit zu emittieren. Im Falle des Radwegs sind diese lumineszierenden Partikel blau: Sie laden sich am Tag mit Sonnenstrahlen als energiestarkes Anregungslicht auf, um dieses in der Nacht als blaues, schwächeres Licht wieder abzugeben. Der Vorgang ist für bis zu zehn Stunden möglich; er wiederholt sich täglich.
Die Testphase dient der Weiterentwicklung des Materials bezogen auf Wirkung, Haltbarkeit, Einsatzverbesserung oder Verringerung der Produktionskosten. Es ist ein Gemeinschaftsprojekts des Labors TPA (Gesellschaft für Qualitätssicherung und Innovation) aus

Pruszków/PL, wo man seit längerem am Einsatz von farb- und lichtreflektierendem Asphalt forscht, und
dem europäischen Bauunternehmen Strabag, um die Sicherheit von Fahrradfahrern mithilfe einer ästhetischen, ökonomischen, ökologischen weil weniger lichtverschmutzenden Konstruktion zu erhöhen. Der im Asphalt verarbeitete Stoff Luminophor kann grundsätzlich verschiedenfarbig sein. Er wurde in diesem Fall in Blau verwendet, um die Erscheinung der umliegenden, masurischen Landschaft aufzugreifen sowie aus Gründen der besseren Sichtbarkeit bei Nacht. Die Farbkombinationen Gelb-Grün und Grün-Blau sowie die Farbe Blau besitzen die stärksten lumineszierenden Eigenschaften.

Verschmutzungen während des Herbsts oder Winters vermindern den Glüheffekt. Außerdem verursacht die geringere Lichtintensität während dieser Jahreszeiten eine kürzere Dauer des Nachleuchtens (durchschnittlich bis Mitternacht). Das Blau allerdings erscheint währenddessen heller. Im Sommer ist es der Konstruktion möglich, Licht bis zum Morgengrauen zu emittieren. Je höher die Temperatur und Intensität des Tageslichts ist, desto länger und stärker ist der lumineszierende Effekt, wie die Beobachtungen ergaben. Ziel ist es, die Technologie in der Zukunft per maschineller Anwendung verarbeiten zu können, was es ermöglichen würde, das Material unter Kostensenkung noch während der Asphaltlegung gleichmäßig und haltbar einzuarbeiten.

Den Entwicklern schweben viele andere Ideen zur Nutzung des Materials vor. Gleichzeitig betonen sie, dass die Technologie für "dunkle Orte" bestimmt sei, doch die Emittierung des Lichts bei Nacht nicht unter gleichbleibender Intensität garantiert werden könne. Die Natur bestimmt in diesem Fall mit. Auch wenn das blaue Licht störend für Natur und Tiere wirken könnte – eine lichtstarke Alternative in Form von Strahlern oder klassischer Straßenbeleuchtung ist es erst recht. Im Moment ist das Versuchsprojekt in Polen mehr noch eine Attraktion für Besucher, die das mystische, blaue Glühen sehen wollen. Doch stellt die Konstruktion neben beispielsweise radeigenem Licht wie Dynamos, LEDs, Reflektoren oder Helmbeleuchtungen tatsächlich eine lichttechnisch-effektive und clevere Lösung dar, die die "sanfte Mobilität" künftig sicherer machen und somit revolutionieren kann.

Der Nachteil: Die Leuchtenindustrie wird keine Freude an dieser Entwicklung haben.

www.tpaqi.com
www.strabag.com